Telefon
0211 / 355 83 14

Adresse
Graf-Adolf-Straße 80, 40210 Düsseldorf

Kontaktformular
zum Formular

Recht zur außerordentlichen Kündigung


I. Fristlose Kündigung

  1. Der Grundtatbestand für die fristlose Kündigung ist die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Mietverhältnisses. Die Abmahnung ist grundsätzlich Voraussetzung für die fristlose Kündigung, wenn der Kündigungsgrund in einer Pflichtverletzung liegt.

    Die Abmahnung kann durch eine angemessene Frist zur Abhilfe der Pflichtverletzung ersetzt werden.

    Eine Fristsetzung oder Abmahnung ist in folgenden Fällen entbehrlich:

    • Wenn die Maßnahme offensichtlich keinen Erfolg verspricht,
    • Wenn die sofortige Kündigung aus besonderen Umständen des Einzelfalls im Rahmen einer umfassenden beiderseitigen Interessenabwägung gerechtfertigt ist, oder
    • Wenn die Mietschulden so hoch sind, dass nur eine fristlose Kündigung gerechtfertigt ist.

    Das Erfordernis, vor Ausspruch der Kündigung abzumahnen, kann bei der Wohnraummiete nicht durch Vertrag ausgeschlossen werden. Bei der Gewerberaummiete kann das Erfordernis jedenfalls formularmäßig nicht ab bedungen werden.

  2. Rechtsgeschäftliche Voraussetzung der fristlosen Kündigung

    Die fristlose Kündigung kann bereits vor Beginn des Mietverhältnisses ausgesprochen werden.

    Bei der Wohnraummiete muss die fristlose Kündigung schriftlich erfolgen und sie muss begründet werden.

    Vertragsverstöße wie Lärm, Belästigung von anderen Mietern oder ähnliches müssen nach Art und Weise sowie in zeitlicher Hinsicht präzise angegeben werden.

    Eine fristlose Kündigung kann auch mit einer Frist ausgesprochen werden.

Gewalt und Sachbeschädigung eines Mieters gegenüber einem Nachbarn rechtfertigen auch ohne vorherige Abmahnung die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses gem. §§ 543(1), 569(2) BGB.

LG Berlin, Beschluss vom 12.05.2016 - 67 S 110/16

Der Vermieter darf nur bei schwer wiegendem Fehlverhalten des Mieters eine sofortige Kündigung des Mietverhältnisses aussprechen dürfen. Ein auf Vergeltung und Einschüchterung ihrer Wohnungsnachbarn gerichtete Handeln des Mieters widerspricht sämtlichen Grundregeln gegenseitiger Rücksichtnahme, die das Zusammenleben mehrerer Personen in einem Haus überhaupt erst erträglich machen. Die Abmahnung konnte unterbleiben, weil solch strafbares Verhalten des Mieters jegliche gemeinsame Vertrauensgrundlage mit dem Vermieter und den bedrohten Mietmietern dauerhaft und endgültig zerstört hatte.

Anmietung von Wohnraum ohne Absicht darin zu leben ist nicht schützenswert.


Landgericht Berlin, Beschluss vom 24.02.2022 - 65 S 202/21.


Eine Wohnung war ohne Zustimmung der Vermieterin dem Bruder der Mieterin überlassen worden. Die Mieterin wohnte selbst in einer anderen Wohnung. Die fristlose Kündigung wegen unbefugter Gebrauchsüberlassung an Dritte ist rechtmäßig und die Räumungsklage hatte Erfolg. Das Angehörigenprivileg gemäß § 543(2) Nr. 2 BGB gilt nur, wenn der Mieter die Wohnung in eigener Person nutzt.


Ein Anspruch auf Zustimmung zur teilweisen Gebrauchsüberlassung gemäß § 553 BGB besteht nicht, weil der Mieter vom Vermieter die Erlaubnis zur Untervermietung nur verlangen kann, wenn nach Abschluss des Mietvertrags ein berechtigtes Interesse daran entsteht. Das Interesse entstand aber nicht nach Abschluss des Mietvertrags, sondern habe von Anfang an bestanden. Zudem sei die Wohnung nicht teilweise, sondern vollständig dem Bruder überlassen worden.

II. Fristlose Kündigung wegen Unzumutbarkeit

  1. Es ist nicht ausreichend, dass das Mietverhältnis zerrüttet ist. Vielmehr muss eine umfassende Interessenabwägung ergeben, dass dem Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zumutbar ist.
  2. Kriterien der Unzumutbarkeit:
    • Dauer und Verlauf des bisherigen Mietverhältnisses
    • Objektives Gewicht der Störung
    • Üblichkeit der Störung
    • Wiederholungsgefahr
    • Uneinsichtigkeit
    • Auswirkung der Störung wie beispielsweise Schäden oder Nachahmungseffekte.
  3. Denkbare Rechtsverstöße des Mieters:
    • Beleidigungen und Tätlichkeiten
    • Sachbeschädigung und Vandalismus
    • Straftaten.
  4. Denkbare Pflichtverletzungen des Mieters:
    • Zweckwidrige Nutzung
    • Unerlaubte bauliche Maßnahmen
    • Unerlaubte Tierhaltung
    • Unterlassene Schönheitsreparaturen
    • Verstoß gegen Obhutspflichten
    • Verstoß gegen Treuepflichten
    • Rufschädigendes Verhalten.
  5. Wirtschaftliche Gründe:
    • Bewirtschaftungsrisiko bei der Gewerberaummiete
    • Leerstandsrisiko bei der Gewerberaummiete
    • Vermögensverfall.
  6. Verletzung von Zahlungspflichten:
    • Miete und Nebenkosten
    • Nichtzahlung der Mietsicherheit (Kaution).

III. Kündigung wegen Hausfriedensstörung

  1. Unter Hausfrieden versteht man im Allgemeinen die gegenseitige Rücksichtnahme, die ein Zusammenleben verschiedener Personen in demselben Haus ermöglicht.
  2. Für die Annahme einer nachhaltigen Störung des Hausfriedens ist eine sich über einen langen Zeitraum entwickelnde erhebliche Beeinträchtigung der einen Vertragspartei durch einen schweren Verstoß der anderen Partei erforderlich. Die Störung muss die Toleranzschwelle in hohem Maße übersteigen. Einzelfälle oder Bagatellen sind nur zu berücksichtigen, wenn sie sich häufen.
  3. Anwendungsfälle sind:
    • Lärm und Vandalismus,
    • Streit, Belästigung und Mobbing unter den Mitmietern,
    • Verstöße gegen die Hausordnung.

IV. Kündigung wegen Gefährdung der Mietsache und unberechtigter Drittüberlassung

  1. Der Vermieter darf kündigen, wenn der Mieter seine Sorgfaltspflicht vernachlässigt und es in der Folge zu einer erheblichen Gefährdung der Mietsache kommt.
  2. Die unbefugte Überlassung an andere Personen als die Mieter (unbefugte Drittüberlassung) berechtigt ebenfalls zur sofortigen Kündigung des Mietverhältnisses.
  3. Eine Interessenabwägung findet bei unbetugter Drittüberlassung nicht statt. Die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Mietverhältnisses muss nicht gesondert festgestellt werden. Allerdings muss die Rechtsverletzung von erheblichem Gewicht sein.
  4. Die Drittüberlassung berechtigt nicht zur Kündigung, wenn dem Mieter zwar die erforderliche Erlaubnis fehlt, er diese jedoch vom Vermieter verlangen darf.
  5. Als Verletzung der Sorgfaltspflicht kommt in Betracht:
    • Verursachung von Bränden, Feuerwehreinsätze,
    • Wasserschäden
    • Feuchtigkeitsschäden durch falsches Wohnverhalten (Lüften und Heizen)
    • Unterlassene Schönheitsreparaturen erst bei Verletzung der Substanz der Mietsache
    • Überbelegung der Mietsache
    • Bauliche Maßnahmen.

V. Kündigung wegen Zahlungsverzugs und -säumigkeit

  1. Der Vermieter darf das Mietverhältnis fristlos kündigen, wenn
    • der Mieter sich mit der Zahlung für zwei aufeinander folgende Zahlungstermine mit der gesamten Miete oder mit einem nicht unerheblichen Teil in Verzug befindet, §543(2) Nr.3a BGB, oder
    • der Mieter sich über einen Zeitraum, der sich auf mehr als zwei Zahlungstermine erstreckt, mit einem Betrag in Verzug befindet, der mindestens die Miete für zwei Monate erreicht, §543(2) Nr. 3b BGB.
  2. Für Verzug ist erforderlich, dass der Mieter die Grundmiete zuzüglich der laufenden Betriebs- und Nebenkosten für zwei Monate schuldet.
  3. Entscheidend ist der Betrag von zwei vollen Monatsmieten. Dies kann auch erreicht werden, wenn der Mieter nur mit der Zahlung von Betriebskostenvorauszahlungen in Verzug ist.
  4. Vor Erklärung der fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs muss grundsätzlich nicht abgemahnt werden. Die Kündigung wird unwirksam oder ist ausgeschlossen, wenn
    • der Vermieter vor Ausspruch der Kündigung vollständig befriedigt wird,
    • der Mieter mit Gegenforderungen aufrechnet,
    • der Vermieter innerhalb der Schonfrist vollständig befriedigt wird, §569(3) Nr.2 BGB.
  5. Der Vermieter darf mit gesetzlicher Frist kündigen, wenn der Mieter wiederholt nicht pünktlich seine Miete bezahlt. Voraussetzung für das Recht zur Kündigung des Vermieters ist:
    • Wiederholt verspätete Zahlungen
    • Abmahnung,
    • Erneut wiederholt verspätete Zahlungen,
    • Unzumutbarkeit, das Mietverhältnis fortzusetzen.
    • Bei der Kündigung wegen Zahlungssäumigkeit muss eine Zumutbarkeitsprüfung stattfinden, ob das Mietverhältnis fortgesetzt werden kann. Das ist nicht der Fall, wenn durch die mangelhafte Zahlungsmoral des Mieters das Vertrauensverhältnis endgültig zerstört wurde.

BGH, Urteil vom 29.06.2016 - VIII ZR 173/15

Ein wichtiger Grund für die fristlose Kündigung gemäß § 543(1)2 BGB kann unabhängig von Verschulden in der objektiven Pflichtverletzung unpünktlicher Mietzahlungen liegen, wenn eine Gesamtabwägung ergibt, dass eine Fortsetzung des Mietverhältnisses für den Vermieter unzumutbar ist. Bei der Abwägung ist von Bedeutung:

  • Zahlreiche oder lange Verspätungen,
  • Erhebliche Beträge,
  • Vermieter ist auf den pünktlichen Erhalt der Miete angewiesen (Lebensunterhalt oder Kredite bedienen),
  • Mietverhältnis ansonsten störungsfrei,
  • Frühere fristlose Kündigung, die durch Nachzahlung unwirksam geworden ist.

Eine fristlose Kündigung nach § 543(1) BGB ist auch dann möglich, wenn den Mieter selbst kein Verschulden an der Vertragsverletzung (sondern Jobcenter oder Sozialamt) trifft, aber die Abwägung ergibt, dass dem Vermieter die weitere Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Wird wegen einer vom Jobcenter/ Sozialamt verursachten unpünktlichen Mietzahlung gekündigt, so sollte der Vermieter die besonderen Umstände darlegen, aus denen sich ergibt, warum er auf den pünktlichen Mieteingang angewiesen ist.

VI. Kündigungsfolgeschaden

  1. Im Fall einer berechtigten fristlosen Kündigung schuldet die andere Partei grundsätzlich Ersatz des Kündigungsfolgeschadens.
  2. Ansprüche des Vermieters können sein:
    • Mietausfallschaden,
    • Anwaltskosten für Kündigung und außergerichtliche Rechtsverfolgung,
    • Kosten für die Suche nach einem Nachmieter (beispielsweise Maklergebühren),
    • Rückbau- und Herrichtungskosten.
  3. Ansprüche des Mieters auf Ersatz eines Schadens können entstehen im Falle der berechtigten Kündigung des Mietverhältnis durch den Mieter selbst oder im Falle der unberechtigten Kündigung des Vermieters.

VII. Außerordentliche befristete Kündigung

  1. Den Parteien steht die Befugnis zur außerordentlichen Kündigung mit gesetzlicher Frist, §§573d(2), 580 BGB in den folgenden Fällen zu. Bei Wohnraum müssen die Schutzvorschriften über das Vorliegen von Kündigungsgründen, das Erfordernis, die Kündigung zu begründen sowie das Widerspruchsrecht des Mieters beachtet werden.
  2. Kündigung des Mieters bei Eingriff in seine Rechtssphäre:
    • Aus Anlass von Modernisierungsarbeiten, §554(2)3 BGB,
    • Wegen der Versagung der Erlaubnis zur Drittüberlassung, §540(1)2 BGB.
  3. Kündigung bei Tod des Mieters:
    • Kündigungsrecht des Vermieters, wenn dadurch ein Anderer in das Mietverhältnis eintritt, in dessen Person ein wichtiger Grund zur Kündigung gerechtfertigt wäre, §563(4) BGB,
    • Kündigungsrecht des eintrittsberechtigten Mitmieters, §563a BGB,
    • Kündigungsrecht des Erben und des Vermieters, wenn das Mietverhältnis mit dem zum Eintritt Berechtigten nicht fortgesetzt wird, §564 BGB.
  4. Kündigung aus Anlass eines Vermieterwechsels:
    • Kündigung durch den Eigentümer, wenn ein Niesbrauch endet, §1056 BGB,
    • Kündigung durch den Nacherben bei Eintritt der Nacherbschaft, §2135 BGB,
    • Kündigung des Eigentümers, wenn das Erbbaurecht erlischt, §30(2) Erbbauverordnung,
    • Kündigung des Erstehers bei Eigentumserwerb in der Zwangsversteigerung, §57a ZVG.
  5. Kündigung bei Mietverträgen über mehr als 30 Jahre, §544(1) BGB.
  6. Kündigungsmöglichkeit bei Mieter- und Vermieterinsolvenz, §§109, 111

AG München, Ur­teil vom 26.08.2021 - Az. 474 C 4123/21.

Als die vermietete Wohnung verkauft werden sollte, verweigerten die Mieter achtmal möglichen Interessenten jede Besichtigung. Nach Abmahnung und wiederholter Besichtigungsvereitelung kündigte der Vermieter den Mietvertag außerordentlich.

Das AG München gab der Räumungsklage statt. Die Verweigerung des Zutritts zur Besichtigung der Wohnung durch die Kläger stelle einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses gemäß § 543 Abs. 1, 3 Satz 1 BGB dar.

Die Beklagten hätten ausreichende Verhinderungsgründe nicht vorgetragen beziehungsweise nicht bewiesen. Die Vorbereitung einer Online-Schulungsvorbereitung stelle keinen ausreichenden Verhinderungsgrund dar. Dem Mieter wäre es zumutbar gewesen, für eine Besichtigungsmöglichkeit der Wohnung zu sorgen. Soweit die Mieter behaupten, der Vermieter habe sich wegen eines Coronavirustests in Quarantäne begeben müssen, liege kein zulässiges Beweisangebot vor. Es seien weder eine ärztliche Bescheinigung, Testnachweise oder behördliche Quarantäneanordnungen vorgelegt noch andere Beweise angeboten worden.